Ich bin neu und lese mich gerade durch das Forum.
Wahnsinn, was alles interessant ist was mir schon garnicht mehr auffaellt.
Ich habe das Gefuehl schon immer hier zu leben.
Es ist normal geworden das man die Bettdecke erst anhebt vor dem Schlafen gehen, und die Schuhe morgens ausklopft, um White Tail Spider zu "entsorgen".
Im Garten mache ich dann grosse Bogen um die Blue Tang Lizards um dann mit einem Stock die Brownsnakes aus dem Feuerholz zu klopfen, damit ich das Haus heizen kann. Schliesslich lebe ich in "Australien" und habe 6 Monate kalt und die anderen 6 Monate Regen.
Achja, "das" Australien wo ich lebe ist in den Blue Mountains und der Rest von Australien ist 20mal so gross wie Deutschland, was mir bewusst wird wenn Freunde aus DE zum Urlaub kommen und mich fragen ob die mal mein Auto leihen koennen um mal schnell zum Uluru zu fahren, der 3.500km entfernt ist.
Spaeter fahre ich im dicken amerikanischen Station Wagen mit Gasantrieb fuer 30 Euro Cent den Liter Preis fuer Gas zum einkaufen und muss dann erleben das "Australien" rund um Sydney schon eine chinesische Kolonie geworden ist.
Made in China ist so ein Minderwertigkeitspraedikat, das man erst "Made in PRC" draufschrieb und heute einfach die Schilder auf den Geraeten faelscht.
Alles was man kauft, davon geht schon 10% neu nicht.
Vom Rest geht 50% in den ersten 3 Monaten kaputt.
Vom Rest geht 50% in den naechsten 3 Monaten kaputt.
Der letzte Rest stirbt in den folgenden 3 Monaten.
Ich wuerde sagen, weniger wie 1% lebt laenger.
Werkzeug kaufen heisst das man kauft was man braucht, versucht seine Arbeit fertig zu machen und bringt das Tool zurueck weil es kaputt ist, leider meist bevor man fertig ist.
Geht man in eine Autowerkstatt fuer einen Service wird man gefragt was mit dem Wagen ist.
Ist nichts, zahlt man einen Service aber Australientypisch wird die Motorhaube nicht geoeffnet.
Don't touch a running system.
Sollte doch einer sich versuchen etwas an einem Fahrzeug zu reparieren, muss man selbst meisst hinterher reparieren was die Werkstatt gemacht hat.
Das ganze erklaert sich aus dem Arbeitssystem.
Heute macht man Baecker, morgen Maurer, uebermoergen Automechaniker.
Ein schneller TAFE Kurs und das wars.
Das erklaert auch die Handwerker.
Hohe Kosten, unzuverlaessige Termine, schlechte Arbeit.
Verloren ist wer kein Handiman ist.
Aber als ich das letzte mal im Hardwareshop war und was kaufen wollte, sagte man mir, kaufe das hier nicht, gehe zu dem anderen Haendler um die Ecke und kaufe dort dies oder das.
Jeder versucht dir zu helfen.
Das ist Australien.
Mein letzter Kontakt zu Deutschland wegen meinem Haus brachte mir nur eine getuerkte Rechnung ein ueber eine nicht erbrachte Leistung.
Das ist Deutschland.
In Deutschland sah mein Nachbar ueber den Zaun um zu sehen wo er mich anzeigen kann.
Hier sieht mein Nachbar ueber den Zaun um mir Hilfe anzubieten.
Die sollte man auch annehmen, weil man selten eine zweite Chance bekommt.
Die Australier haben eine Eigenart mit einem Laecheln eingeschnappt zu sein und auf eine nette Art den Kontakt abzubrechen, das man es nicht merkt, wenn man gegen die "Don't and do's" verstoesst.
How are you Mate?
Fine, and you?
Sage einmal nicht Fine, und man fragt dich nie wieder wie es dir geht.
Dann einkaufen.
Ich bin froh das wir heute hier in den Blue Mountains einen Aldi haben.
Die anderen transportieren Fleisch, Fisch und Huhn so, das es in Sydney eingefroren wird, dann auf dem Transport taut es auf, dann wird es hier wieder eingefroren, dann wird es fuer die Frischfleischtheke wieder aufgetaut, was uebrig bleibt an Fleisch wird dann in Plastik eingeschweist angeboten, dann wird es das erste mal runtergesetzt mit kuerzerem Datum, dann noch einmal im Preis runter fuer "schnellen Verzehr", dann gibt es danach Mince Meet ........
Ich habe mal bei Coles eines dieser "schnellen Verzehr" Angebote gekauft.
Die Muelltonne stinkt heute noch von dem Zeug was ich direkt wegwarf.
Jeder meiner deutschen Freunde war entsetzt warum ich hier bin wenn es so waere.
Naja, im ersten Jahr hatte ich einen Nervenzusammenbruch und im dritten Jahr heute will ich nie wieder weg.
Warum ich noch hier bin?
Hier in Australien hat man immer eine Chance.
In Deutschland war ich ein Loser weil ich den Druck nicht mehr aushielt.
Hier kann ich noch mal zeigen was ich kann.
In Deutschland sass ich nur noch zuhause als Fruehrentner mit kleiner Rente und wartete darauf das meine Uhr ablaeuft.
Hier kaufte ich fuer 2000 Euro ein Segelboot und zahle 100 Euro fuer das Jahr fuer einen Mooringplace am Meer und gehe segeln und Angeln.
In Deutschland war ich zu altmodisch als jemand der in den 70er auf'm Dorf aufgewachsen ist.
Hier in Australien komme ich in gleiche Lebensverhaeltnisse und kann zeigen das ich in der Lage bin mit einem Stueck Draht und Klebeband etwas zu reparieren, und das muss man hier in Oz koennen.
In Deutschland war ich nicht mehr passend und isolierte immer mehr.
Hier laufe ich wieder herum wie in den 70er, lebe so, habe Freunde mit Baerten und Hueten die abends beim BBQ ein Bier mit einem trinken.
In Deutschland habe ich ueberlebt.
Hier lebe ich.
Karins Kinder, der juengste ist 16.
In Deutschland Aussaetzige weil "Auslaender" weil Mutter Australierin.
In Australien ist alles MultiKulti und Freunde in wenigen Wochen da und der juengste kann mit 16 schon Auto fahren und machte gestern seinen Bootsfuehrerschein.
Ich habe ihm als Geschenk ein 80 PS Sportboot gekauft, das man mit Trailer zusammen fuer unter 2000 Euro bekommt.
Versicherung wird keine gebraucht weil ein Trailer automatisch mit dem Auto versichert ist wenn man ihn anhaengt.
Man muss sich in diesem Land integrieren und die Moeglichkeiten uebernehmen und vieles vergessen was man von Europa als "Standart" kennt.
Hier lebt man in "Buden" aus 1cm "dicken" Gipskartonplatten die aussen eine Steinverkleidung hat, die kaum von alleine steht und innen pfeigt der Wind durch.
Im Sommer im "Cauldron" (Penrith Area, der Bereich mit dem meissten Asthma kranken wegen der Luftverschmutzung) nett, im Winter in den Mountains ein Horror.
In den Nachkriegsjahren machten die Britten in Australien Atombombenversuche und viele Bereiche in Queensland und in NSW muessten eigentlich vom Fallout noch nachts von alleine leuchten.
Die Sterberate durch Krebs ist fuer meine Vorstellung unnormal hoch, nachdem die in den 70er Jahren gigantisch war.
Krebs ist kein Problem, man hat ihn einfach, fuer die Leute.
Keiner macht sich da verrueckt.
Heute gehen die Leute in Australien (Blue Mountains, bis Sydney) zum Doctor und lassen sich zwischen Tuer und Angel Hautkrebs rausschneiden, den man einfach so hat wie in Deutschland eine Erkaeltung, durch die hohe UV Strahlung.
Verrueckt macht sich da keiner wegen so etwas.
Nicht das einzige was fuer meine deutschen Augen anfangs erschreckend war, und heute so normal ist.
Ich bin ein Kind der 70er und kann Tueren Abdichten, haenge Thermovorhaenge auf, installiere Rollaeden.
Auch kann ich Kompost machen und habe deswegen einen gruenen Garten.
Viele Australier hier sind neidisch, sehen mich als Grazy German an und als Daniel Duesentrip.
Rasen maehen?
Warum?
Da kommt doch einer mit einem dicken 8-Zylinder der 20 Liter Sprit braucht mit 2 Mann und maeht fuer 30 Euro einen Rasen.
Das ist genauso sinnvoll wie das die Leute im Sommer darueber schimpfen das man im Monat fuer 600 Dollar Strom braucht fuer die Klimaanlage, aber man hat trotz laufender Klimaanlage die Tuer zum Garten offen damit man leichter rein und raus kann.
Was gefaellt mir denn dann so an Down Under?
In Deutschland war ich ein Loser.
Hier bin ich ein Ueberflieger.
Und wenn was schiefgeht bekommt man eine zweite Chance und eine dritte und und und ......
Ich machte fuer meinen Bootsfuehrerschein bei 4 erlaubten Fragen 5 falsch.
Kontrolle der RTA Lady.
Ach, das sind nur unwichtige Fragen, Test bestanden ......
DAS ist der australische Geist den ich kennen gelernt habe.
Ich fuehle mich mehr und mehr wohl, auch wenn ich wieder eine White Tail im Bett habe und gestern aus meinem Tool Shed eine Funnelweb rausgeholt habe.
Was soll's, die krankenhaeuser haben heute gute Antidots und der letzte registrierte Todesfall in Autralien durch giftiges Getier war, ich glaube, 1956.
Aber ich lebe auch Nahe der "Three Sisters".
Nett wenn ich morgens da stehe bei Sonnenaufgang und die Voegel belausche.
Wenn ich dann ueber den Busch sehe muss ich daran denken das mein Nachbar, ein Feuerwehrmann, mir erzaehlte, das vor kurzem hier einer starb.
Er kam vom Weg ab, hat sich verlaufen, in Sichtweite von den "Three Sister", rief per Mobil (Nenne es NIEMALS Handy) die Polizei an.
Man hatte Kontakt zu ihm bis die Batterie leer war, aber man konnte ihn nicht lokalisieren.
Man fand den Mann 6 Wochen spaeter, relativ nahe zu den "Three Sister" in Sichtweite, aber vom Buschboden aus nicht zu sehen.
Das ist immer noch kein Disneyland, dieses Australien.
Aber ich gehe hier nie wieder weg!
Gruesse aus Oz
Peter Mike