Hallo alle zusammen!
Ich möchte heute mal das Thema Bildungssystem in Australien aufgreifen, da ich mich in den letzten 3 Jahren intensiv damit beschäftigt und mit 2 Kindern (Jetzt Klasse 3 und 6) auch einige Erfahrungen hier in Queensland /(Brisbane) gesammelt habe.
Qualität des Schulsystems im Vergleich zu Deutschland:
Der Schwerpunkt beim Lernen konzentriert sich eher auf das lernen wie man lernt und weniger auf das in Deutschland so typische Faktenwissen, das jederzeit parat stehen muss. Ich will das gar nicht werten, es hat beides Vor- und Nachteile, urteilt für euch selbst. Häufig ließt man auf den Webseiten, dass man aus den Schülern lebenslange Lerner machen will und tatsächlich ist es hier völlig normal, dass man auch noch mit z.B. 40+ ein Studium absolviert, die Auswahl an online Studiengängen ist gewaltig. Der Arbeitsmarkt ist nicht ganz so "jugendfanatisch" wie in Deutschland. Habe z.B. hier eine 47jährige Freundin die letztes Jahr ihr Studium zum Highschool Teacher abgeschlossen hat und als solche im Januar auch noch eingestellt wurde.
Australien ist eindeutig mehr fokusiert auf das Lesen, weniger auf mathematische Kenntnisse. Lesen können die Zwerge schon sehr früh und das wird aktiv enorm gefördert. Mathe ist weniger anspruchsvoll, finde ich, zumindestens in der Primnary School.
Staatliche oder Privatschule?
Dieses Thema liegt mir besonders am Herzen, denn meine Kinder waren auf einer staatlichen und auf einer Privatschule. Mein Urteil: Privatschulen stellen häufig einen sehr "künstlichen" Lebensraum dar, der seinen Vorsprung in den akdemischen Ergebnissen (NAPLAN) eher aus der Tatsache zieht, dass unerwünschte, schwache Schüler aus der Schule "herauskomplementiert" werden, damit das Außenbild stimmt, während staatliche Schulen keine Wahl haben. Privatschulen sind stark daran interessiert, welches Bild sie nach außen abgeben, dafür werden Schüler auch schon mal von der Schulleitung bedroht (wie im Falle unseres Sohnes), der sich über eine ungerechte Bestrafung beschwerte (er wurde dafür bestraft, dass er nicht den Müll eines anderen Kindes aufgehoben hatte, während just jenes Kind, nicht bestraft wurde, weil es einflussreiche Eltern hat), Daraufhin sagte ihm die Schulleitung dass, wenn er darüber mit seinen Eltern reden würde und wir uns beschweren würden, er noch mehr bestraft würde. Auch im Bekanntenkreis höre ich immer wieder von solchen "Aktionen" in Privatschulen. Meine Tochter wurde in ihrer Klasse (2) von einigen Kindern ziemlich fies behandelt, als wir um ein Gespräch gebeten haben, wurde uns kurzerhand erklärt, dass es "Bullying" in dieser Schule nicht gäbe und meine Tochter bekam zum Trost einen Award "für ihre dramatische Verbesserung in allen akademischen Bereichen - das Zeugnis 2 Wochen später war dann aber schlechter als das Vorhergehende (????). Einen Award für die Kinder gab es jedes Mal, wenn wir um ein Gespräch mit der Schulleitung, bzw. der Lehrerin gebeten haben.
Mein Urteil: Natürlich kann einem so etwas auch an einer staatlichen Schule passieren, manche Eltern und Kinder werden bevorzugt behandelt und andere...allerdings, haben wir uns nach 1,5 Jahren und 10 000 AUD/pro Kind/pro Jahr weniger, gefragt ob man nicht auch für weniger Geld eine gute Bildung in Oz erhalten kann und ich sage: Ja!!! Es gibt ganz hervorragende staatliche Schulen in Australien, wir haben jetzt eine gefunden die ab der 8. Klasse ein französiches Immersionsprogramm anbietet d.h. 60% der Unterrichtszeit wird französisch gesprochen, bis einschließlich der 10. Klasse). Man(n) oder Frau muss sich lediglich die Mühe machen, ein Bißchen im Internet zu recherchieren z.B. in Foren wie diesem), welche Schulen wirklich gut sind. Es gibt enorme Unterschiede. Ungerechtigkeiten wird es auch dort geben aber 1. kostet mich das keine 20 000 AUD+ im Jahr und 2. finde ich die Umgebung der Kinder wesentlich näher am wirklichen Leben. Meine Kinder lernen jetzt an der staatlichen Schule (die im Übrigen deutlich kleinere Klassen hat als vorher die Privatschule) wie man mit Schwierigkeiten umgeht und sie nicht nur "herausselektiert". Das ganze "wir-sind-die-Elite"-Getue der Privatschulgemeinde ist weggefallen und wir fühlen uns damit alle deutlich wohler. Das Geld das wir für die >Schulgebühren gespart haben, investieren wir jetzt gezielt in Freizeitaktivitäten wie schwimmen, Klavier, Gitarre etc. und stehen finaziell immer noch wesentlich besser da als vorher.
Erziehung zur Selbstständigkeit
Das Thema wurde hier ja schon mehrfach angesprochen und ich muss sagen, mich nervt diese Betüdelei" auch. Aber ich fürchte der amerikanische Einfluss ist hier nicht mehr weg zu denken. Meine Erfahrung: Die Kinder die am behütetsten aufwachsen, sind die Ersten, die in einem unbemerkten Augenblick auf die Nase fallen, da ihnen das Konzept der Selbstverantwortung gänzlich abgeht. Sie wissen nicht wer sie sind oder was sie können und überschätzen ihre untrainierten Fähigkeiten schnell in ihrem kindlichen Eifer - diese Kinder kann man tatsächlich nicht alleine lassen. Jeder muss da wohl für sich entscheiden ob er/sie da mitmachen will - häufig hat man aber gar keine Wahl, da die gesetzlichen Bestimmungen so sind. Jeder hat hier Angst davor verklagt zu werden, wenn dann doch mal was passiert.
So, ich hoffe, das hilft Interessierten ein Bißchen weiter. Kontaktiert mich ruhig wenn ihr mehr darüber wissen wollt.
Liebe Grüße
Urmel