In 1950 wussten die Deutschen sehr wenig über Australien. Dort befand sich kaum jemanden mit deutschen Wurzeln, außer den Bayerischen Winzer, welche in früheren Jahren der Barossa Valley in South Australien besiedelten.
Kurz nach dem Krieg lebten etwa 8 Millionen Einwohner in Australien, (heute über 20 Millionen). Damals waren die Nachkommen von Britischen Siedler der Meinung Australien befinde sich am falschen Platz auf der Weltkarte. Sie beäugten ihren asiatischen Nachbarn mit großen Misstrauen, besonders den Japaner, der im 2. Weltkrieg die Stadt Darwin bombardiert hatte und sogar mit einem U-Boot in den Sydney Harbour eingedrungen war. Nach dem 2. Weltkrieg herrschte immer noch Angst vor der (so genannten) ‚Yellow Danger‘‚der Gelben Gefahr - wegen der riesigen Mengen an Mineralien; Bodenschätze die inzwischen Australien zu einer der reichsten Länder der Welt gemacht haben. Die Japaner, die selber kaum natürliche Vorkommnisse hatten, brauchten dringend Rohstoffe für ihre schnell wachsende Industrie. Deshalb befürchtete die australische Regierung eine Invasion der Japaner. Es herrschte die Parole „we must populate or perish“ = wir müssen das Land bevölkern oder zu Grunde gehen. Dass war der Anfang Australiens Einwandererpolitik, um dringend benötigten Manpower ins Land zu holen.
Australiens Regierung befolgte bis 1960, einen ‚White Australia Policy’. Es bedeutete möglichst Anpassung an eine angelsächsische geprägte Gesellschaft. Jedoch weil nicht ausreichend potentiellen skandinavisch oder britische Migranten vorhanden waren, wurde um deutsche Einwanderer geworben. Zu dieser Zeit wurden in Deutschland Anwerbungen um Fachkräfte für drei Großprojekte angetrieben.
1. Zuerst muss unbedingt ‚The Snowy Mountains Hydro-Elektrik Scheme‘ erwähnt werden - ein Meilenstein in Australiens industrieller und kultureller Entwicklung - über 200 km. Tunnel und Aquädukte; 16 Dämme, 7-Kraftwerke (davon 2 unterirdisch) und Pumpstationen die alles miteinander verband. In 1974 wurde es fertiggestellt und eingestuft als einem von sieben ingenieurtechnischen Wunder der modernen Welt. Viele deutsche Auswanderer waren beteiligt an der Entstehung dieses riesigen Projektes. Arbeiter aus mehr als 30 Nationen litten unter außergewöhnlicher Härte und Einsamkeit. Sozial markierte diese Epoche für Australien das Entstehen eines „Schmelztiegels“, was zu einem Australiens Charakter veränderte, und zum anderen seine Öffnung für andere Kulturen förderte.
2. Auch herrschte Knappheit an Behausung. Für eine schnell wachsende Population wurden dringend Bauhandwerker benötigt.
3. Und last but not least; die Australien Eisenbahngesellschaft brauchte Arbeiter, um die Linie von Ost bis West über die Nullarbor Halbwüste auszubauen. Es wurde genannt - der schlimmste Arbeitsplatz in ganz Australien.
Zukünftige Arbeitgeber versprachen interessierten Auswanderern die Überfahrtkosten vorzufinanzieren - mit Rückzahlung nach Arbeitsaufnahme - unter der Bedingungen, sich 2 Jahre zu verpflichteten. Anwerber mussten gesund, und bereit sein eine strenge ärztliche Untersuchung durchzuziehen. Umgekehrt, verpflichteten sich zukünftige Arbeitgeber Unterkunft, Mahlzeiten und einen Arbeitsplatz zu stellen, sowie den doppelten Lohn wie in Deutschland zu bezahlen. Sie priesen sonnige Strände, das blaue Meer und ein ‚free and easy‘ Lebensstil an, wohlwissend dass sich diese Arbeitsplätze in einsamen Gegenden befanden.
Die Überfahrten in umgebauten ehemaligen Frachtschiffen, extra ausgestattet für die Beförderung von Migranten, wurden öfters zur Qual. Sie waren wahrlich keine Kreuzfahrtschiffe. Angekommen - viele Auswanderer waren wegen der Überfahrtskosten jetzt hoch verschuldet – außerdem, mussten sie für ihre Miete und andere Lebenshaltungskosten aufkommen. Besonders schwierig war die Situation verheirateter Familienväter, die ihre Familien aus Deutschland nachkommen lassen wollten, und die Kosten für deren Überfahrt nicht aufbringen konnten. Hinzu kamen die abgelegenen Arbeitsstätten und die unerwarteten schwierigen Arbeitsbedingungen. Es gibt skurrile Geschichten über Rückwerbung von dringend benötigten Facharbeitern durch Agenten aus der damaligen DDR, die irgendwie Wind davon bekamen über die flehenden Briefe an westdeutsche Behörden. Letztendlich, so wurde gemunkelt, fand die eine oder andere Familienzusammenführung in Ostdeutschland statt. Auch stellte sich heraus, dass gut qualifizierte Facharbeiter nicht immer in ihren gelernten Berufen arbeiten durften wegen Mangel an Englischkenntnissen - auch Handwerker wurden dringend in ihrer Heimat benötigt.
In den 50-iger Jahren war Australien das Land ohne Flair und von viktorianischer Strenge geprägt. Kleine Siedlungen waren auf dem Fußweg unerreichbar. Bierkneipen waren nur bis 18 Uhr geöffnet. Für die Zeit nach 18 Uhr ging man nach Hause mit einem Flakon Bier oder Wein in 1-Gallon- Flaschen. Der Wein hieß 'Plonk' und jemand der zu viel davon trank - war ein 'Plonkie'! Mahlzeiten in den Werkskantinen waren öfters sehr einseitig – es fehlte an 'frisches' und Mangelernährung war die Folge. Weil eine große Wohnungsnot zu der Zeit herrschte, wurde der Nachzug der Familie erst dann gestattet, wenn den Behörden der Nachweis von Wohnraum vorlag. Bis dahin musste die Familie – oft weit von der Arbeitsstätte des Mannes entfernt – in einer Regierungsunterkunft so genannten ‚Hostels‘, wohnen; eine von diesen war das berühmt berüchtigte und viel gehasste Bonegilla – das größte Auffanglager für Immigranten, in der Nähe von Melbourne.
Es hagelte Beschwerdebriefen an das Auswärtige Amt in Deutschland, die sich immer noch im ihren Archiven befinden. Aufgeschreckt von zum Teil herzzerreißenden Schicksalen, machte sich eine deutsche Delegation auf den Weg 'down under' um verschiedene Industrieprojekte zu besuchen. Sie stellten fest dass die Beschwerden richtig waren und deshalb wurde in 1952, das Bundesamt für Auswanderung gegründet. Um Ausbeutung zu unterbinden, gab es ein Abkommen mit der Australischen Regierung über kontrollierte und unterstützte Auswanderung. Schiffspassagen wurden bezuschusst; der deutsche Migrant zahlte 10 Deutsche Mark dazu – im Vergleich bezahlte der britische Migrant 10 Pounds Sterling dazu. Sie wurden 'Ten-Pound Poms' genannt. Auswanderungsbüros wurden eingerichtet, mit Anwerbungsmaterial der australischen Regierung. In ihre Broschüre ‚Ein Willkommen wartet’, wurden Arbeitsverhältnisse als paradiesisch beschildert. Und eben weil die australische Regierung immer noch ein unrealistisches Bild Australiens vermittelte, beschrieb die deutsche Behörde das Leben in Australien eher nüchtern, wie folgt:-
Australien nimmt Facharbeiter, Handwerker und landwirtschaftliche Arbeitskräfte auf. Gute Aussichten haben alle Bauhandwerker. Arbeit gibt es genug, nur muss der, der aufs Geratewohl nach Australien auswandert, bereit sein, zunächst auch berufsfremde Arbeit und ein hartes Leben auf sich nehmen. Geistige Berufe haben keinerlei Aussichten, kaufmännische Berufe wenig. Ärzte und Apotheker müssen neue Studien und Examen machen.
Nach diesen anfänglichen Schwierigkeiten lebten sich die Deutschen gut ein. Sie waren bestrebt unauffällig und anpassungsfähig zu leben ohne sich – wie alle andere Einwanderer auch – für die Kultur und Belange d. Eingeborenen zu interessieren – bis der Tourismus die Aborigine ‚entdeckte.
c. Susan Duxbury aus ihr Buch 'Buschleben'
http://www.susan-duxbury.com
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